Was ist arbeitsmedizinische Vorsorge?

Das Bild zeigt einen Betriebsarzt, der optisch aus einem Laptop rausragt zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge. Der Arzt hält ein Klemmbrett in der einen Hand und zeigt auf eine Sprechblase mit einem Deutschen roten Kreuz darin.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Arbeitsmedizinische Vorsorge umfasst Pflicht-, Angebots- und Wunschvorsorge und dient der Prävention vor arbeitsbedingten gesundheitlichen Gefährdungen.
  • Einstellungs- und Eignungsbeurteilungen stellen besondere Fälle im Rahmen arbeitsmedizinischer Untersuchungen dar und können bei spezifischen gesundheitlichen Anforderungen zur Ausführung einer Tätigkeit erforderlich sein.
  • Ganzheitlichkeit und Verhältnismäßigkeit stehen im Fokus der zeitgemäßen arbeitsmedizinischen Vorsorge, die Wechselwirkungen zwischen Arbeit, Gesundheit und Privatleben berücksichtigt und nur mit Einwilligung sowie nach Aufklärung durchgeführt werden darf.
  • Die wichtigsten Rechtsgrundlagen für die arbeitsmedizinische Vorsorge sind die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV), das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) sowie das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).

Trotz vorrangig gesetzter technischer und organisatorischer Schutzmaßnahmen und dem Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit bleibt die arbeitsmedizinische Vorsorge durch den Betriebsarzt ein zentraler Baustein, um arbeitsbedingten gesundheitlichen Gefährdungen vorzubeugen.

In diesem Beitrag von Arbeitssicherheit.GmbH werfen wir einen Blick auf die moderne arbeitsmedizinische Vorsorge sowie auf arbeitsmedizinische Untersuchungen als Pflicht-, Angebots- und Wunschvorsorge.

Arbeitsmedizinische Vorsorge und Untersuchungen im Wandel der Zeit

Arbeitsmedizinische Untersuchungen, früher als G-Untersuchungen bekannt, dienten der Feststellung der gesundheitlichen Überprüfung und Eignung für bestimmte Tätigkeiten. Sie basierten auf den G-Grundsätzen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), die als Empfehlungen galten und in der Praxis häufig beachtet wurden. Obwohl sie keine rechtlich verbindlichen Vorgaben waren, dienten sie als wichtiger Leitfaden für die arbeitsmedizinische Vorsorge.

Die moderne arbeitsmedizinische Vorsorge hingegen ist heutzutage viel stärker auf die Prävention ausgerichtet. Sie hilft, gesundheitliche Risiken frühzeitig zu erkennen und Beschäftigte zu beraten, wie sie ihre Gesundheit am Arbeitsplatz schützen können, damit berufsbedingte Erkrankungen erst gar nicht entstehen. Die arbeitsmedizinische Vorsorge ist in der gleichnamigen „Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)“ geregelt und umfasst hier u. a. die Angebots-, Pflicht- und Wunschvorsorge. Des Weiteren sind das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) sowie das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) wichtige Rechtsgrundlagen für arbeitsmedizinische Untersuchungen und Vorsorgen.

Im August 2022 wurden die G-Grundsätze offiziell zurückgezogen und durch die neuen „DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen“ ersetzt. Die früheren G-Nummern entfallen, stattdessen werden die Vorsorgen nun nach Tätigkeitsanlässen wie „Bildschirmarbeit“, „Lärm“ oder „Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten“ benannt.

Die Grundlage für die arbeitsmedizinische Vorsorge im Unternehmen bildet die Gefährdungsbeurteilung[LA1] , mit der gesundheitsgefährdende Tätigkeiten systematisch ermittelt werden. Auf Basis dieser Beurteilung werden die notwendigen Vorsorgemaßnahmen festgelegt. Obwohl die G-Grundsätze der DGUV seit 2022 nicht mehr gelten, dienen ihre Inhalte nach wie vor als wertvolle Orientierungshilfe, um die arbeitsmedizinische Vorsorge gezielt und praxisnah umzusetzen.

Wann ist die arbeitsmedizinische Vorsorge eine Pflichtvorsorge?

Die arbeitsmedizinische Vorsorge wird dann zur Pflicht, wenn Ihre Mitarbeiter Tätigkeiten ausüben, die mit besonderen gesundheitlichen Gefährdungen verbunden sind. Diese Verpflichtung ist in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge geregelt, insbesondere in § 4 ArbMedVV.

Konkret bedeutet das für Sie als Unternehmer:

  • Die Pflichtvorsorge muss vor Aufnahme der Tätigkeit sowie in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden, wenn Ihre Gefährdungsbeurteilung[LA2]  ergibt, dass eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung besteht.
  • Ohne die Teilnahme an der Pflichtvorsorge dürfen Sie Ihre Mitarbeiter nicht mit diesen Tätigkeiten beauftragen.

 

Einige Beispiele für Tätigkeiten, die eine Pflichtvorsorge erfordern, sind:

  • Arbeiten mit Gefahrstoffen wie Asbest, Blei oder Benzol, die krebserzeugend oder anderweitig gesundheitsschädlich sind.
  • Tätigkeiten mit Lärmbelastung, bei denen die oberen Auslösewerte von 85 dB(A) überschritten werden.
  • Arbeiten unter extremen Bedingungen, wie großer Hitze, Kälte oder Sauerstoffmangel.
  • Tätigkeiten im Gesundheitswesen, in Laboren oder in der Tierhaltung, bei denen Kontakt mit infektiösen Stoffen besteht.
  • Das Tragen von Atemschutzgeräten der Gruppen 2 und 3, wie es beispielsweise bei Arbeiten in kontaminierten Bereichen erforderlich ist.

 

Die Grundlage für die Pflichtvorsorge bildet immer die Gefährdungsbeurteilung (§ 3 ArbMedVV „Allgemeine Pflichten des Arbeitgebers“), mit der Sie als Unternehmer mögliche Risiken am Arbeitsplatz systematisch ermitteln.

Diese Beurteilung hilft Ihnen, gezielt Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter zu schützen. Wenn Sie bei der Durchführung Ihrer Gefährdungsbeurteilung Unterstützung benötigen: Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte der Arbeitssicherheit.GmbH sind in ganz Deutschland für Sie im Einsatz.

Indem Sie die Pflichtvorsorge konsequent umsetzen, erfüllen Sie nicht nur Ihre gesetzlichen Verpflichtungen, sondern tragen aktiv zur Sicherheit und Gesundheit Ihrer Mitarbeiter bei. Die Bestellung eines Betriebsarztes ist gemäß dem Arbeitssicherheitsgesetz ebenfalls gesetzlich vorgeschrieben (§ 2 ASiG „Bestellung von Betriebsärzten“). Mehr dazu erfahren Sie in unserem Beitrag zur Betriebsarzt Pflicht.

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Kann ein Mitarbeiter die arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge ablehnen?

Grundsätzlich kann ein Mitarbeiter die Teilnahme an der arbeitsmedizinischen Pflichtvorsorge ablehnen, da niemand zu einer medizinischen Untersuchung gezwungen werden darf. Dies ergibt sich aus dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und der Freiwilligkeit medizinischer Maßnahmen.

Allerdings hat die Verweigerung der Teilnahme an einer Pflichtvorsorge Konsequenzen. Gemäß § 4 Absatz 2 ArbMedVV darf der Arbeitgeber eine Tätigkeit, die eine Pflichtvorsorge erfordert, nur dann ausüben lassen, wenn der Beschäftigte an dieser Vorsorge teilgenommen hat. Das bedeutet, dass Sie als Arbeitgeber Ihren Mitarbeiter in diesem Fall nicht mit der entsprechenden Tätigkeit beauftragen dürfen.

Es ist daher wichtig, dass sowohl Arbeitgeber als auch Betriebsärzte die Bedeutung der Pflichtvorsorge klar kommunizieren und mögliche Bedenken der Mitarbeitenden ernst nehmen. Ziel ist es, gemeinsam Lösungen zu finden, die sowohl die gesetzlichen Vorgaben als auch die Gesundheit und Sicherheit aller Beteiligten gewährleisten.

Ihre weiteren Verpflichtungen als Arbeitgeber zur arbeitsmedizinischen Vorsorge

Neben der Pflichtvorsorge sind Sie als Arbeitgeber auch verpflichtet, ein Vorsorgeangebot zu machen, wenn Sie Kenntnis von einer Erkrankung erhalten, die im ursächlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen kann. Diese Verpflichtung betrifft nicht nur die erkrankte Person, sondern auch alle Beschäftigten, die denselben Gefährdungen ausgesetzt sind. Sobald Anhaltspunkte dafür bestehen, dass auch andere Mitarbeiter gefährdet sein könnten, müssen Sie entsprechende Vorsorgemaßnahmen als arbeitsmedizinische Angebotsvorsorge anbieten (§ 5 Absatz 2 ArbMedVV).

Darüber hinaus haben Ihre Beschäftigten das Recht, auf Wunsch regelmäßig eine arbeitsmedizinische Vorsorge in Anspruch zu nehmen. Diese Wunschvorsorge ist gemäß § 5a ArbMedVV in Verbindung mit dem Arbeitsschutzgesetz (konkret in § 11 ArbSchG „Arbeitsmedizinische Vorsorge“) zu ermöglichen, es sei denn, die Gefährdungsbeurteilung und die getroffenen Schutzmaßnahmen zeigen eindeutig, dass kein Gesundheitsschaden zu erwarten ist.

Die Rechtsvorschriften zu Pflicht- und Angebotsvorsorge sehen eine regelmäßige Durchführung dieser Maßnahmen vor. Die genauen Fristen werden durch die Arbeitsmedizinische Regel AMR 2.1 vorgegeben. In einigen Fällen können die Fristen auch vom Ergebnis eines Biomonitorings abhängen.

Bei der Wunschvorsorge hingegen gibt es keine gesetzlich festgelegten Fristen. Das Arbeitsschutzgesetz schreibt jedoch ausdrücklich vor, dass Sie als Arbeitgeber auf Wunsch Ihrer Beschäftigten eine regelmäßige arbeitsmedizinische Vorsorge ermöglichen müssen.

Falls keine Fristen in den AMR oder anderen Rechtsvorschriften festgelegt sind oder diese verkürzt werden sollen, werden sie durch den Betriebsarzt anhand fachärztlicher Standards individuell bestimmt. Die Anlässe für Pflicht-, Angebots- und nachgehende Vorsorge sind im Anhang der ArbMedVV abschließend geregelt und bieten Ihnen eine hilfreiche Orientierung für die praktische Umsetzung.

Einstellungsuntersuchungen und Eignungsbeurteilungen als besondere Fälle im Rahmen arbeitsmedizinischer Untersuchungen

Einstellungsuntersuchungen dürfen von Ihnen als Arbeitgeber nur dann verlangt werden, wenn die gesundheitlichen Voraussetzungen für die auszuübende Tätigkeit eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen. Dies setzt ein konkretes Anforderungsprofil für die jeweilige Tätigkeit voraus. Ziel der Untersuchung ist es, festzustellen, ob der Bewerber oder die Bewerberin körperlich und psychisch in der Lage ist, die vorgesehenen Arbeiten auszuführen, ohne sich selbst oder andere zu gefährden.

Eine wichtige Aufgabe des Betriebsarztes besteht darin, Sie bei der Erstellung eines medizinischen Anforderungsprofils zu beraten. Die Untersuchung selbst muss jedoch nicht zwingend durch den Betriebsarzt erfolgen, wird aber in der Regel von diesem durchgeführt.

Für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren ist bei Arbeitsaufnahme oder Beginn der Berufsausbildung eine Jugendarbeitsschutzuntersuchung gemäß dem Jugendarbeitsschutzgesetz (u. a. § 32 JArbSchG „Erstuntersuchung“) verpflichtend. Diese Untersuchung dient sowohl präventiven als auch eignungsbezogenen Zwecken, um Jugendliche vor gesundheitlichen Gefährdungen zu schützen.

Abgrenzung zwischen arbeitsmedizinischer Vorsorge und Eignungsbeurteilungen

Eignungsbeurteilungen sind klar von der arbeitsmedizinischen Vorsorge zu trennen. Während die arbeitsmedizinische Vorsorge nicht den Nachweis der gesundheitlichen Eignung umfasst, dienen Eignungsbeurteilungen als Entscheidungsgrundlage für den Arbeitgeber oder Behörden. Eine Zusammenlegung beider Maßnahmen ist nur in Ausnahmefällen und bei gewichtigen betrieblichen Gründen zulässig. In solchen Fällen muss der Arzt die unterschiedlichen Zwecke der Maßnahmen den Beschäftigten offenlegen.

Es ist wichtig, dass Versicherte bei Eignungsbeurteilungen darüber informiert werden, dass das Ergebnis Konsequenzen für die Fortsetzung der Tätigkeit haben kann. Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen bleibt dabei ein zentraler Grundsatz. Dabei können die Empfehlungen der DGUV als Orientierungshilfe genutzt werden. (Quelle: DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen)

Verhältnismäßigkeit und Freiwilligkeit bei arbeitsmedizinischen Untersuchungen

Arbeitsmedizinische Untersuchungen im Rahmen der Vorsorge nach der ArbMedVV greifen in die Grundrechte Ihrer Beschäftigten ein und müssen daher stets verhältnismäßig sein. Das bedeutet für Sie als Arbeitgeber und Ihren Arbeitgeberpflichten, dass solche Untersuchungen nur durchgeführt werden dürfen, wenn sie geeignet, erforderlich und angemessen sind. Der Umfang der Untersuchung muss sich strikt auf das Ziel beschränken und das mildeste Mittel zum Erkenntnisgewinn darstellen.

Körperliche oder klinische Untersuchungen, Biomonitoring oder Impfungen können Teil der arbeitsmedizinischen Vorsorge sein. Diese Maßnahmen dürfen Sie jedoch gemäß § 6 Abs. 1 und 2 ArbMedVV („Pflichten des Arztes oder der Ärztin“) nur mit der freiwilligen Einwilligung Ihrer Beschäftigten durchführen lassen. Eine solche Einwilligung ist nur dann rechtswirksam, wenn Ihre Mitarbeiter zuvor umfassend über Inhalte, Zweck und mögliche Risiken aufgeklärt wurden.

Die Pflichtvorsorge verpflichtet Ihre Beschäftigten lediglich zur Teilnahme an der Beratung, nicht jedoch zu einer Untersuchung oder einzelnen Untersuchungsanteilen. Ohne diese Beratung dürfen Sie Ihre Mitarbeiter jedoch nicht mit einer gefährdenden Tätigkeit beauftragen. Die arbeitsmedizinische Vorsorge bleibt somit ein wichtiges Anrecht Ihrer Beschäftigten, das auf Freiwilligkeit und umfassender Aufklärung basiert.

Arbeitsmedizinische Vorsorge schützt die Gesundheit Ihres Teams ganzheitlich

Arbeitsmedizinische Vorsorgen und arbeitsmedizinische Untersuchungen sind ein zentraler Baustein für den Schutz der Gesundheit Ihrer Beschäftigten. Sie berücksichtigen nicht nur die Wechselwirkungen zwischen Arbeit und Gesundheit, sondern auch individuelle Risiken und allgemeine Gefährdungen am Arbeitsplatz. Eine ganzheitliche Vorsorge, wie sie in der ArbMedVV und der AMR 3.3 beschrieben wird, trägt dazu bei, Belastungen frühzeitig zu erkennen und präventive Maßnahmen rechtzeitig zu ergreifen.

Wenn Sie Unterstützung bei der Umsetzung der arbeitsmedizinischen Vorsorge oder bei der Durchführung von arbeitsmedizinischen Untersuchungen benötigen, steht Ihnen die Arbeitssicherheit.GmbH deutschlandweit zur Seite. Mit erfahrenen Betriebsärzten und umfassender Beratung bieten wir Ihnen maßgeschneiderte Lösungen für Ihr Unternehmen.

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